Akagera – das neue Zuhause der EAZA-Rhinos
Gepostet von jola
Im Juli 2019 wurden fünf Spitzmaulnashörner aus europäischen Zoos und Tiergärten nach Ruanda gebracht. Es ist bei uns relativ wenig bekannt über den Akagera Nationalpark, das neue Zuhause dieser fünf EAZA-Rhinos, wie sie in Akagera genannt werden. Wenn Sie schon immer wissen wollten, wie es denn dort so ist, hier einige Infos und Impressionen – herzlichen Dank an meine Tochter für die wundervollen Aufnahmen vom 17. Dezember 2019 …
Eines vorweg, die EAZA-Nashörner befinden sich noch in der mehrstufigen Eingewöhnungs- und Auswilderungs-Phase, sie sind noch nicht zu sehen. Hin und wieder, mit sehr viel Glück, gibt es jedoch kurze Sichtungen der 2017 aus Südafrika importierten Nashörner. Diese 18 Tiere, acht Männchen und zehn Weibchen zwischen 20 Jahren und 18 Monaten, stammen aus einer isolierten Population einer in den 1970ern nach Südafrika gebrachten Gruppe von Nashörnern. In der Gruppe 2017 befand sich auch Ineza mit ihrem eineinhalb Jahre alten Sohn und ein „blinder Passagier“. Nur vier Monate nach dem Transfer brachte Ineza im August 2017 ein gesundes Jungtier zur Welt. Gemeinsam mit den Südafrika-Nashörnern sollen die EAZA-Rhinos eine neue Nashorn-Population aufbauen. Der Park bietet Platz für mehr als 120 Nashörner.
Die rund 300 Löwen, die früher in Akagera zu finden waren, wurden alle in den Jahren 1994 bis 2000 während des Bürgerkrieges und dem Völkermordes an den Tutsi und den gemäßigten Hutu getötet. Es wird nun auch daran gearbeitet, eine neue Löwen-Population aufzubauen. Als Geschenk erhielt Akagera Ende Juni 2015 zwei männliche Löwen aus dem Tembe Elephant Park und fünf Löwinnen aus dem Phinda Private Game Reserve in Südafrika. Die Löwen sind mit GPS-Halsbändern versehen. Inzwischen gab es mehrmals Nachwuchs, die Größe des Rudels hat sich verdreifacht. Um eine möglichst breit gestreute genetische Vielfalt zu erreichen, wurden 2017 zwei weitere Männchen nach Akagera gebracht. Übrigens, auch die Nashörner und zahlreiche Elefanten werden mit Sendern überwacht.
Der Akagera Nationalpark
Der Akagera Nationalpark, gegründet im Jahr 1935 im Osten von Ruanda an der Grenze zu Tansania, wurde im Jahr 2010 von der Organisation African Parks und dem Rwanda Development Board (RDB) unter eine neue gemeinsame Führung, der Akagera Management Company (AMC), gestellt. Die Größe des Parks wurde reduziert, heute umfaßt der Akagera Nationalpark eine Fläche von rund 1.200 Quadrat-Kilometer. Es wurde ein 120 Kilometer langer solarbetriebener Elektrozaun errichtet, das erheblich zur Vermeidung von Mensch-Tier-Konfliktsituationen mit der Lokal-Bevölkerung beitrug. Mit Hilfe einer eigenen, speziell ausgebildeten Hunde-Staffel sowie neuen Regelungen bezüglich Strafverfolgung und diversen Sicherheitsmaßnahmen konnte die Wilderei „auf ein Allzeittief“ (Zitat: African Parks) reduziert werden.
Die Besucherzahl konnte von 8.000 im Jahr 2010 auf 51.000 im Jahr 2018 erhöht werden (die Hälfte davon waren Ruander!). Dadurch kann sich der Park heute zu 80% durch Eintrittsgelder selbst erhalten, wobei 10% der Einnahmen der lokalen Bevölkerung in Form von lokalen Projekten, Schulen, Gesundheitswesen, Straßenbau etc. zugute kommen. Es gibt gestaffelte Eintrittspreise für internationale Gäste, afrikanische Gäste und Einheimische, um auch der lokalen Bevölkerung den Besuch des Parks zu ermöglichen. Jährlich besuchen mehr als 1.800 Schulkinder mit ihren Lehrerinnen und Lehrern und lokalen Führungskräften Akagera im Rahmen des Umweltbildungsprogramms.
Ein Paradies für Tiere
Der Akagera Nationalpark liegt auf einer Seehöhe von 1.250 bis 1.825 Metern und umfaßt Bereiche mit Savannen, Grasflächen, Hügeln, Papyrus-Sümpfgebieten und Seen. Der Akagera Fluß, einer der fünf Nil-Quellflüße und namensgebend für den Park, sorgt für frisches Wasser. Rund ein Drittel der Fläche des Parks ist mit Seen- und Sumpfgebieten bedeckt, es ist das größte geschützte Feuchtgebiet im östlichen Mittel-Afrika.
Einige Impressionen von der wunderschönen Landschaft und der Vegetation im Akagera Nationalpark, aufgenommen am 17. Dezember 2019:
Giraffen, Zebras, Warzenschweine
Ursprünglich waren keine Giraffen in Ruanda beheimatet. Als Geschenk aus Kenia kamen im Jahr 1986 sechs Massai-Giraffen (Giraffa camelopardalis tippelskirchi), zwei männliche und vier weibliche Tiere, nach Akagera. Bereits im Jahr 1988 gab es den ersten Nachwuchs. Heute wird die Anzahl der Giraffen im Akagera National Park auf rund 100 Tiere geschätzt. Im Juni 2019 wurde die Massai-Giraffe als gefährdet in die IUCN Rote Liste aufgenommen. An Zebras findet man Burchell-Zebras (Equus quagga burchelli), eine Unterart der Steppenzebras. Am 17. Dez 2019 waren drei Jungtiere zu sehen. Die Warzenschweine werden in Akagera liebevoll Pumbaas genannt – nach dem Warzenschwein Pumbaa im Disney-Film Der König der Löwen. Seit 2010 werden alle zwei Jahre Zählungen des Tierbestandes mittels Hubschrauber durchgeführt. Bei der Zählung 2017 wurden 88 Giraffen, 1901 Zebras und 783 Warzenschweine gezählt.
Giraffen, Zebras & Pumbaas im Akagera Nationalpark, aufgenommen am 17. Dezember 2019:
Impalas, Topis, Wasserböcke, Affen, Vögel und Hippos
In Akagera findet man über 500 Vogelarten, zahlreiche Antilopenarten, mehrere Affenarten und viele Flußpferde und Nilkrokodile. Am 17. Dezember 2019 wurden Impalas (Aepyceros melampus), Defassa-Wasserböcke (Kobus ellipsiprymnus defassa), eine kleine Gruppe Leierantilopen (Damaliscus lunatus jimela) versteckt im hohen Gras, zwei Flußpferde, ein Grauhals-Kronenkranich-Pärchen (Balearica regulorum), zwei große Gruppen Kuhreiher (Bubulcus ibis) auf einem Baum, eine Gruppe Anubispaviane (Papio anubis) und eine Grünmeerkatze (Chlorocebus pygerythrus) sowie zahlreiche Schwarzkopfweber-Nester (Ploceus melanocephalus) auf einem Baum beim Besucherzentrum gesichtet.
Antilopen, Affen, Vögel und Hippos im Akagera Nationalpark, aufgenommen am 17. Dezember 2019:
Elefanten
Die Geschichte der Elefanten in Akagera beginnt in der Mitte der 1970er. Damals siedelten sich Bewohner von Kigali in den nahegelegenen Bugesera Sumpfgebieten an. Dass es Probleme mit der dort ansäßigen Elefanten-Herde geben wird, war nur eine Frage der Zeit. Als die Herde die Felder der Bauern verwüsteten und die Ernte zerstörten etc, wurden 1975 alle Elefanten über acht Jahren in einer Culling-Aktion getötet. Die Ele-Waisen, 14 männliche und 12 weibliche Kälber, wurden in den Akagera Nationalpark gebracht. Vier der Ele-Kinder, Mutware (in der Landessprache Kinyarwanda: „Chef“) und Hélico sowie Mwiza und Chiquita, die jüngste der Ele-Waisen, waren noch nicht entwöhnt und sollten ein Jahr lang per Hand aufgezogen und langsam entwöhnt werden. Chiquita riß in der ersten Nacht aus und ward nicht mehr gesehen. Mwiza und Hélico schlossen sich nach einigen Jahren den wilden Elefanten an, Mutware blieb alleine. Er wurde zwar weiter gefüttert, es gab aber immer wieder Probleme mit der lokalen Bevölkerung. Durch seine „Zerstörungsaktionen“ wurde er jedoch rasch bekannt. Da man immer nur von Mutware hörte, gab es sogar das Gerücht, es gäbe nur einen einzigen Elefanten in Akagera.
Im Alter von 40 Jahren war Mutware noch immer alleine, er wog rund 6,2 Tonnen. Er war die Hauptattraktion des Parks, ließ sich gerne fotografieren und hörte af Kommandos der Guides. Die kräftigeren Bullen der Herde ließen es nicht zu, dass er sich mit einem Weibchen paarte, was wiederum zu Frustreaktionen führte. So kommen unter anderem drei Autos auf sein Konto. Als er eine amerikanische Touristengruppe vom Picnick-Platz verjagte und ihr Auto rund hundert Meter weit in den See hinein schob, sah sich das amerikanische Außenministerium veranlaßt, eine Warnung an Touristen auszugeben. Im Alter wurden seine Wutanfälle seltener, doch hin und wieder schnappte er sich einen Baumstamm, riß damit den Stromzaun um und spazierte durch die Gegend. Mutware verstarb am 27. September 2018 an Alterssschwäche.
Heute leben in Akagera rund 120 Elefanten. Beim Besuch am 17. Dezember 2019 konnte ein riesiger Bulle, der gut gelaunt alleine herumstreifte, und eine Herde mit Jungtieren am Wasser entdeckt werden. Unter ihnen war auch ein älteres Tier, das wie ein Ele-Baby im Gatsch spielte.
Elefanten im Akagera Nationalpark, aufgenommen am 17. Dezember 2019:
Anmerkung: Da der Akagera Nationalpark nur rund zweieinhalb Stunden Autofahrt von Kigali, der Hauptstadt Ruandas, entfernt ist, werden auch Tages-Fahrten nach Akagera angeboten, wobei ein fünf Stunden Aufenthalt im Park möglich ist. Die Aufnahmen entstanden bei einem 1-Day-Trip mit Judith Safaris, ein von einer Ruanderin geleiteten Touren-Anbieter in Kigali, die vorwiegend Frauen als Fahrerinnen und Guides anstellt und damit speziell einheimische Frauen und Familien fördert. Und, es gibt gestaffelte Preise für internationale, ostafrikanische und einheimische Gäste …
Fotos © Mag. Cornelia Belik, MSc, mit freundlicher Genehmigung
Ein Kommentar zu “Akagera – das neue Zuhause der EAZA-Rhinos”
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Many thanks to Judith and Idi (driver) for a wonderful day at Akagera, Andrew & staff for accommodation (Corina Guesthouse in Kigali) and all Rwandan people for an exceptional stay in the „land of thousand hills“. Rwanda has so much more to offer than „only“ gorillas. 😉